Was versteht man unter New Work?
Patrick Wurm: Das Schlagwort „New Work“ ist nicht so neu, wie aktuell viele behaupten. Es geht hier unter anderem um den Wandel der Arbeitswelt durch Digitalisierung. Dank der digitalen Möglichkeiten sind viele Tätigkeiten inzwischen ortsunabhängig geworden. Dieses „neue Arbeiten“ bringt viele Vorteile, aber auch große Herausforderungen mit sich. Eine wichtige Frage ist: Wie können Arbeitgeber ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter – egal von wo sie arbeiten – geistig und körperlich in Bewegung halten?
Welche Herausforderungen sind das genau?
Patrick Wurm: Unsere Erfahrungen und Studien zeigen, dass sich Menschen durch das Home-Office oft nur noch bis zu 2 km am Tag bewegen. Das ist ein eklatanter Bewegungsmangel gegenüber den empfohlenen mindestens 10.000 Schritten täglich und hat massive negative Folgen. Von körperlichen Schmerzen einmal abgesehen, hat bereits jeder zehnte Befragte unserer Aeris Home-Office-Studie auch psychische Probleme. Hier rollt eine Lawine auf das Gesundheitssystem zu. Deshalb müssen Arbeitgeber, der Gesetzgeber, aber auch jeder und jede Einzelne handeln.
Patrick Wurm: Bereits zu Beginn von Corona stieg der Anteil der Menschen, die regelmäßig im Home-Office arbeiten, auf über 50 Prozent. Das Problem hierbei ist, dass, im Gegensatz zum Büro, das Home-Office nicht gesetzlich reguliert ist. Häufig sind die Büromöbel und die technische Ausstattung deutlich schlechter als am Arbeitsplatz. Viele Leute haben nicht einmal ein Arbeitszimmer und sitzen stundenlang auf der Couch oder am Esstisch. All das führt zu schlechter Haltung und wenig Bewegung. Die Folge sind durchaus drastische gesundheitliche Probleme, wie Rücken- und Kopfschmerzen oder starke Muskelverspannungen.
Das heißt, wir drehen das Rad zurück, gehen alle wieder ins Büro und das Problem ist gelöst?
Patrick Wurm: Nein, so einfach ist es nicht! In den letzten Jahren hat sich die Erwartungshaltung der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter – gerade bei den Millennials und der Gen Z – stark geändert. Für viele sind die Freiheiten und individuellen Vorteile im Home-Office eine Voraussetzung an einen Job. Allerdings bietet auch der Gang ins Büro viele Vorzüge. Die Lösung besteht also darin, all diese einzelnen Vorteile miteinander zu verzahnen und zu bündeln. Deshalb braucht es dringend ganzheitliche New Work-Konzepte für hybrides Arbeiten.
Patrick Wurm: Das Büro hat in einigen Bereichen einen klaren Mehrwert gegenüber dem Arbeiten von unterwegs oder daheim. Es bietet Raum für Kommunikation, stärkt das Zusammengehörigkeitsgefühl und schafft Identität. Außerdem bekommt man im Büro Impulse anderer Menschen. Dadurch ist die Kreativität im Büro häufig größer als allein zuhause. All das wirkt sich positiv auf das Wohlbefinden und die Leistungsfähigkeit aus.
Und was sind die Vorteile von Home-Office und dem ortsunabhängigen Arbeiten?
Patrick Wurm: Die Vorteile liegen klar auf der Hand. Das flexiblere Arbeiten ermöglicht eine bessere Vereinbarkeit von Job, Familie, und Freizeit. Zudem ist eine individuellere Arbeitsgestaltung möglich. Auch ökologisch macht es Sinn: Der Berufsverkehr wird dauerhaft entlastet und CO2 gespart.
Patrick Wurm: Es muss ein neues „Regelwerk“ her, das individuell auf jeden Einzelnen abgestimmt ist. Wir müssen endlich alte Denkmuster aufbrechen und aufhören, in Kategorien wie Büro oder Home-Office zu denken. Im Fokus müssen individualisierte Arbeitsplatzlösungen stehen.
Das heißt, wir sollten uns fragen: Was braucht jeder einzelne Mitarbeiter und jede einzelne Mitarbeiterin, um körperlich und geistig fit, leistungsfähig und gesund zu bleiben. Im Englischen sagt man „one size fits no one“ und das stimmt. Jeder Mensch hat andere Bedürfnisse, Voraussetzungen und persönliche Lebensumstände. Bei einer konzeptionell abgestimmten „Hyper-Personalisierung“ der Arbeitswelt verschmelzen Büro und Home-Office miteinander.
Patrick Wurm: Zunächst einmal braucht es natürlich die entsprechende Ausstattung, um die Menschen geistig und körperlich in Bewegung zu halten. Beispielsweise durch unseren Aeris Swopper und einen höhenverstellbaren Schreibtisch. Wir haben unter anderem einen Tisch entwickelt, bei dem man automatisch zwischen Sitzen und Stehen wechseln kann, ohne etwas einstellen zu müssen.
Denn wichtig ist, dass man die Bewegung intuitiv in den Tag einbaut. Das bedeutet auch, flexible und transparente Arbeitszeiten zu schaffen. Dies ermöglicht Bewegung zwischendurch – beispielsweise für Sport, Einkäufe in der Mittagspause oder die Hausarbeit.
Wäsche waschen während der Arbeitszeit: Was früher potenziell ein Kündigungsgrund gewesen wäre, sollten Arbeitgeber heute in ihren Bewegungskonzepten für hybrides Arbeiten unbedingt berücksichtigen!
Klingt jetzt sehr banal, ist aber in den alten Denkmustern während der Arbeitszeit unmöglich. Wichtig ist zu erkennen, dass uns New Work viel mehr Chancen als Herausforderungen bietet. Wir erleben zurzeit einen Paradigmenwechsel und sollten diesen gemeinsam nutzen. Dann steht uns eine neue, aufregende, gesunde, und aktive Arbeitswelt offen.